Altbekannt: Antioxidantien schützen nicht vor Krebs
Das wissen wir schon seit 30 Jahren. Leider verkauft die Laienpresse das jede Woche auf´s neue als bahnbrechende Erkenntnis und suggeriert den Lesern dabei, dass ja alle Vitamine schlecht sein sollen.
Autor: Dr. Volker Zitzmann
Lesezeit: 10 Minuten
Das wissen wir schon seit den 90er Jahren. Damals dachte man noch, mit den klassischen Antioxidantien Vitamin A, Beta-Carotin und Vitamin E könnte man Krebs verhindern. Wurde dann in der berühmten Caret-Studie sowie der ATBC-Studie wiederlegt. Das Krebsrisiko wurde nicht gesenkt. Bei starken Rauchern erhöhte hochdosiertes Beta-Carotin sogar gering das Lungenkrebsrisiko. 1
Wissen wir also seit dem letzten Jahrtausend. Nichts neues. Trotzdem wurde dann nochmal eine Studie, die Select Studie Anfang des Jahrhunderts durchgeführt: Selenium and Vitamin E Cancer Prevention Trial (SELECT). 2 Auch diese Studie versagte, was die Krebsprävention angeht. Vitamin E und Selen schützen nicht vor Prostatakrebs. Nur Vitamin E alleine, erhöhte sogar ein wenig das Risiko. Jedoch wurde leider nur das unnatürlich einzelne Alpha-Tocopherol untersucht. Wie wir letztens schon erwähnt haben, sind aber alle 8 Vitamin E Untereinheiten für einen positiven Effekt (4 Tocopherole und 4 Tocotrienole) nötig. 3.
Diese 3 Studien werden fast wöchentlich in der Laienpresse wiederholt, immer mit der Intention Vitamine und gleich pauschal ALLE Nahrungsergänzungsmittel (NEM) in ein schlechtes Licht zu führen. Wie zuletzt in der Welt am Sonntag. Leider wird dann aber nicht die ganze Geschichte erzählt. Vergessen wird gerne, dass:
- ●Folsäure signifikant das Risiko für Herzinfarkt, Kolonkrebs und Neuralrohrdefekte senkt: eindeutig bewiesen an 200 Millionen Amerikanern (wo Folsäure wegen des Mangels seit 1998 der Nahrung zugeführt wurde). Rechnerisch kam es hierdurch zu einer Vermeidung von Herzinfarkten in 88.172 Fällen, einer Vermeidung von 38.805 Fällen von Dickdarmkrebs und einer Vermeidung von Neuralrohrdefekten in 1423 Fällen, jeweils pro Jahr! 4). Das Risiko für Schlaganfälle ist in den USA nach der Folsäurefortifikation 1998 in nur kurzer Zeit zwischen 1998 und 2002 um 2,9 % gesunken. 5 Eine gezielte Supplementation von Folsäure konnte in dieser Metaanalyse 6 eine Risikoreduktion für Schlaganfälle um 11 % aufzeigen.
- ●Zink das Risiko von Bauchspeicheldrüsenkrebs senken kann 7. In der EPIC Studie ein klarer Zusammenhang gezeigt wurde: je höher der ZinkSpiegel im Blut, desto geringer das Risiko für Dickdarmkrebsentstehung 8. Geringeres Lungenkrebsrisiko durch Zink 9. Ein höherer Zinkstatus war hier 10 mit einem deutlich niedrigeren Speiseröhrenkrebsrisiko assoziiert. Und weil uns das noch nicht reicht, hier nochmal eine Meta-Analyse 11 die ein vermindertes Krebsrisiko für gastrointestinale Tumoren zeigt, je höher die Zinkaufnahme war.
- ●Vitamin D das gesamte Krebsrisiko senkt. Vielfach in hunderten Studien gezeigt. Musss man gar nicht mehr viel dazu sagen, glaube ich 12. Insgesamt senkt Vitamin D das Krebsrisiko statistisch signifikant in einer MetaAnalyse aus 159 Studien 13.
- ●Grüntee vor Krebs schützt haben wir gerade letztens erst ausführlich besprochen und mit Studien belegt.
- ●Curcuma positive Wirkungen gegen Krebs hat, haben wir auch schon gehört.
Warum Vitamin A eher negativ in der Krebsprophylaxe ist, scheint an einer antagonistischen Wirkung zum Vitamin D zu liegen. Nimmt man also genug Vitamin D zu sich, braucht man sich auch keine Sorgen um das Vitamin A zu machen 14, 15, 16, 17. Leider wurde das Vitamin D in den 3 Studien Caret, ATBC und Select nicht berücksichtigt.
Wir fassen zusammen: die 3 Antioxidantien Vitamin A, Beta-Carotin und Alpha-Tocopherol schützen kurzfristig nicht vor Krebserkrankungen. Seit 30 Jahren bekannt.
Wir wissen, dass es von der Schädigung der einzelnen Zelle (z. B. durch freie Radikale oder Strahlung), also der Zellmutation einer einzelnen Zelle bis zum Auftreten der Krebserkrankung (= Latenzzeit) im Durchschnitt ca. 20 Jahre braucht (je nach Krebsart ca. 2 - 60 Jahre) (22). Heißt, Antioxidantien müsste man VOR diesen 20 Jahren nehmen, um die Zellschädigung zu verhindern. Deshalb kann es in den Studien die 5 oder 10 Jahre gehen, gar nicht zu einem positiven Effekt kommen. Im Gegenteil, wenn einzelne Krebszellen schon da sind, können diese durch oxidativen Stress zerstört werden. Antioxidantien würden in diesem Fall die Krebszellen eher schützen, wie andere Zellen auch. Daher kann in diesem Fall auch oxidativer Stress positiv sein. Vor allem in der Krebsbehandlung. Daher führen wir auch in der komplementären Krebsbehandlung Hochdosis Vitamin C Infusionen durch. 2 - 3 mal pro Woche 75 GRAMM (nicht Milligramm) intravenös 18. In einer Dosis von über 15 Gramm Vitamin C hat Vitamin C keine anti-oxidative Wirkung mehr, sondern eine pro-oxidative Wirkung. Die pro-oxidative Wirkung von Vitamin C scheint die Antikrebs-Wirkung auszumachen 19. Oxidantien zerstören Krebszellen 21. Sport ist übrigens auch ein starker oxidativer Stress. Kann also auch Krebszellen zerstören. Insgesamt brauchen wir beides 20. Mal das eine, mal das andere. Pro- und Anti-Oxidantien.
Dass Antioxidantien meist in der Krebstherapie und kurzfristigen Krebsprophylaxe keine Wirkung haben ist eigentlich logisch. Schade, dass das die Journalisten in der Laienpresse noch nicht wissen und uns wöchentlich mit neuen Artikeln über die angeblich negativen Wirkungen gleich ALLER NEM´s belästigen. Und leider dann auch hunderte andere Studien (wie oben aufgezeigt) über die positiven Wirkungen von Mikronährstoffen unterschlagen. Und eben nur die 3 Mikronährstoffe von den 50 essentiellen Nährstoffen erwähnen, nämlich die Antioxidantien A, Betacarotin und E erwähnen und dem Leser dann aber suggerieren, auch die 47 anderen essentiellen Nährstoffe wären unnütz. Wie schon in dem Artikel „NEM differenziert betrachten“ erwähnt, kommt es da schnell zu einem statistischen Denkfehler. 3 Vitamine haben in einem Bereich (Krebs) vielleicht keine positive Wirkung, aber dass 47 andere in jeweils z. B. in 10 Bereichen positive Wirkungen haben, wird dann schnell vergessen oder verdrängt. Also 3 negative Wirkungen im Vergleich zu 470 positiven Wirkungen! Sowas würde ich mal als schweren journalistischen Fauxpas bezeichnen, oder einfach Unwissenheit.
Wir merken uns: 3 Studien (Caret, ATBC, Select) stehen nicht repräsentativ für tausende andere Studien. 2 der essentiellen NEM stehen nicht für alle 50 essentiellen NEM. Vitamin A und E schützen nicht vor Krebs. Anstatt das alleinige alpha-Tocopherol hochdosiert einzunehmen, empfehlen wir aus besagten Gründen besser die Kombination aller 8 Toco-pherole/-trienole. Raucher haben ein um 1000 % erhöhtes Lungenkrebsrisiko im Vergleich zu Nichtrauchern. Starke Raucher die Megadosen an Betacarotin (20 mg) einnehmen hatten in der Caret-Studie ein um weitere 25 % erhöhtes Lungenkrebsrisiko. Daher sollten Raucher kein Beta-Carotin in Megadosen von 20 mg täglich einnehmen, sondern unter 6 mg täglich bleiben. Darunter gab es keine negativen Effekte. Punkt. Thema erledigt. Vitamin A und Beta-Carotin so oder so nicht überdosieren. Wer Vitamin A nimmt, sollte wie oben erwähnt auch Vitamin D einnehmen. Das war´s auch schon, was man wissen muss. Mit dem Wissen kann man nun in Zukunft alle diese schlecht recherchierten und mit Halbwahrheiten gepickten Zeitungsartikel, in der Regel von Nicht-Fachleuten geschrieben, getrost gleich in den Müll werfen.