Schlaf

Schon Hippokrates erkannte, 400 Jahre vor Christus, wie wichtig ausgewogener Schlaf für unser psychisches und physisches Wohlbefinden ist. Heute, im Jahr 2016, leidet jeder dritte Mensch an einer Schlafstörung. Unser natürlicher Schlaf-/Wachrhythmus ist durch andauernden Stress, Lärmbelastung und künstliche Beleuchtung aus den Fugen geraten.
Autor: Dr. Volker Zitzmann
Lesezeit: 5 Minuten
“Sleep and wakefulness, both of them, when immoderate, constitute disease.”
  • Hippocrates von Kos, 460 – c. 377 BC, Griechischer Arzt, “Vater der westlichen Medizin” Schon Hippokrates erkannte, 400 Jahre vor Christus, wie wichtig ausgewogener Schlaf für unser psychisches und physisches Wohlbefinden ist. Heute, im Jahr 2016, leidet jeder dritte Mensch an einer Schlafstörung. Unser natürlicher Schlaf-/Wachrhythmus ist durch andauernden Stress, Lärmbelastung und künstliche Beleuchtung aus den Fugen geraten.
    Warum ist gesunder Schlaf so wichtig für Trainingserfolg und Leistungsfähigkeit? Im Schlaf baut der Körper Adenosin ab und stellt es für neuen Energieaufbau zur Verfügung. Adenosin ist Teil des Moleküls ATP, das entsteht, wenn unser Energieträger der Zellen, das ATP (Adenosintriphosphat), zerfällt. Es reichert sich über Tag in Körperzellen und Gehirn an. Adenosin macht uns automatisch müde, indem es an Rezeptoren in unserem Gehirn bindet. Koffein belegt übrigens genau diese Rezeptoren, macht daher wach.
    Schlaf hilft außerdem bei der Gedächtniskonsolidierung und beim Problemlösen, indem irrelevante Inhalte aus dem Gedächtnis ‚gelöscht’ werden. Im Schlaf schüttet der Körper zahlreiche Hormone aus, darunter auch Somatotropin und Testosteron, welche für das Muskelwachstum entscheidend sind. Schlafmangel wiederum erhöht das Risiko für Insulinresistenz, senkt die Serotoninproduktion
    [i]
    und begünstigt Heißhunger, wodurch er langfristig zu Gewichtszunahme führt
    [ii]
    ,
    [iii]
    .
    Der durchschnittliche Erwachsene schläft 7 Stunden pro Nacht. Etwa 5% kommen mit nur 5 Stunden aus; 6% benötigen über 10 Stunden um sich ausgeschlafen zu fühlen.
    [iv]
    Aber nicht nur Quantität, sondern vor allem Qualität ist entscheidend für die Regenerationsfunktion des Schlafs. Schlafhygiene ist eine Möglichkeit, die Qualität zu verbessern: ein dunkles Schlafzimmer, Ruhe, regelmäßige Schlafenszeiten, keine elektrischen Geräte in der Nähe - diese Ratschläge kommen Ihnen sicher bekannt vor. Was die Meisten nicht wissen ist, dass auch die Ernährung einen wichtigen Teil zu einem gesunden Schlaf beiträgt.

Serotonin

Das Serotonin ist ein ‚Wohlfühlmolekül’. Es bindet an zahlreiche Rezeptoren im Gehirn und sorgt für ein Entspannungsgefühl und Zufriedenheit. Und es macht müde. Serotonin wird vor allem dann synthetisiert, wenn wir Kohlenhydrate zu uns nehmen. Jetzt wissen Sie, warum der Teller Nudeln am Mittag für den Post-Lunch-Einbruch sorgt.
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Zu oft hört man auch den Spruch ‚Ich verzichte abends auf Kohlenhydrate. Das macht schlank!’. Stimmt nicht. Der Verzicht auf Kohlenhydrate unterstützt die Gewichtsabnahme, aber gerade abends, wo sich Körper und Muskeln regenerieren sollen, sorgen Kohlenhydrate aka Serotonin für einen tieferen und besseren Schlaf, bessere Regeneration und Erholung.
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Wenn es also schon Kohlenhydrate sein müssen, dann am besten abends. Das Weizenbrötchen zum Frühstück hingegen können Sie sich guten Gewissens sparen.

Magnesium

Das Mineral Magnesium wird oft unterschätzt. Vielleicht wissen Sie bereits, dass es die Regeneration der Muskulatur fördert und gegen Muskelkrämpfe hilft. Tatsächlich unterstützt Magnesium aber auch die Erholungsfunktion des Schlafs
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, 11. Ganz nebenbei schützt es dabei auch vor Depression
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, Insulinresistenz
[ix]
und Entzündungsreaktionen
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Schlaftabletten

Dazu lässt sich nur eines sagen: Finger weg! Schlaftabletten lassen zwar schnell einschlafen und sind deswegen verlockend, doch verändern gleichzeitig die Schlaftiefe. Der Tiefschlafanteil, der so wichtig ist für die Freisetzung von Wachstumshormonen, wird durch die künstlichen Müdemacher extrem gesenkt. Da kann man gleich wachbleiben. Wer dennoch unter Einschlafschwierigkeiten leidet, sollte auf die Aminosäure Tryptophan zurückgreifen. Die unterstützt nicht nur den Muskelaufbau, sondern wird im Körper auch noch zu Serotonin umgewandelt. Hatten wir ja gerade schon. Magnesiummangel wiederum kann die Tryptophansynthese hemmen, womit sich der Kreis schließt.

Melatonin

Eine weitere, wenn auch kostspieligere Alternative zum Schlafmittel ist das Hormon Melatonin. Melatonin wird normalerweise von unserer Zirbeldrüse (ein Organ im Gehirn) ausgeschüttet, sobald es dunkel wird. Es fördert auf natürliche Weise das Einschlafen und hilft auch gegen den typischen Jetlag nach langen Reisen. Alternativ fördert das Vitamin B12 die Melatoninproduktion und kann so das Einschlafen auf natürliche Weise unterstützen.
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Konietzko, N., Teschler, H. & Freitag, L. (1998). Schlafapnoe. Berlin: Springer-Verlag. [ii] Markwald, R. R., Melanson, E. L., Smith, M. R., Higgins, J., Perreault, L., Eckel, R. H., & Wright, K. P. (2013). Impact of insufficient sleep on total daily energy expenditure, food intake, and weight gain. Proceedings of the National Academy of Sciences, 110(14), 5695-5700. [iii] Spaeth, A. M., Dinges, D. F., & Goel, N. (2013). Effects of experimental sleep restriction on weight gain, caloric intake, and meal timing in healthy adults. Sleep, 36(7), 981-990. [iv] Pressman, M. R. & Orr, W. C. (1997). Understanding sleep: The evaluation and treatment of sleep disorders. Washington, DC: American Psychological Association. [v] Afaghi, A., O'Connor, H., & Chow, C. M. (2007). High-glycemic-index carbohydrate meals shorten sleep onset. The American journal of clinical nutrition, 85(2), 426-430. [vi] Jouvet, M. (1969). Biogenic amines and the states of sleep. Science. [vii] Rondanelli, M., Opizzi, A., Monteferrario, F., Antoniello, N., Manni, R., & Klersy, C. (2011). The Effect of Melatonin, Magnesium, and Zinc on Primary Insomnia in Long‐Term Care Facility Residents in Italy: A Double‐Blind, Placebo‐Controlled Clinical Trial. Journal of the American Geriatrics Society, 59(1), 82-90. [viii] Eby, G. A., & Eby, K. L. (2006). Rapid recovery from major depression using magnesium treatment. Medical hypotheses, 67(2), 362-370. [ix] Paolisso, G., & Barbagallo, M. (1997). Hypertension, diabetes mellitus, and insulin resistance: the role of intracellular magnesium. American journal of hypertension, 10(3), 346-355.
Sugimoto, J., Romani, A. M., Valentin-Torres, A. M., Luciano, A. A., Kitchen, C. M. R., Funderburg, N., ... & Bernstein, H. B. (2012). Magnesium decreases inflammatory cytokine production: a novel innate immunomodulatory mechanism. The Journal of Immunology, 188(12), 6338-6346. [xi] Peuhkuri, K., Sihvola, N., & Korpela, R. (2012). Diet promotes sleep duration and quality. Nutrition research, 32(5), 309-319.