Selen

Erfahren Sie hier etwas über die Wirksamkeit des Spurenelements Selen!
Autor: Dr. Volker Zitzmann
Lesezeit: 11 Minuten
Selen ist eines der wichtigen essentiellen Spurenelemente. Essentiell heißt, muss man essen! Also muss von außen zugeführt werden. Der Körper kann es nicht selbst herstellen. Viele kennen das Selen von der Schilddrüse, ähnlich wichtig wie das Jod für die Schilddrüse. Ebenso wie Jod ist auch Selen in Deutschland häufig Mangelware.
Das Organ mit dem höchsten Selengehalt ist die Schilddrüse. Bei einem Selenmangel kann es zu Schilddrüsenfunktionsstörungen, Unterfunktion, Hashimoto, Basedow, etc. auch beim Neugeborenen bei Selenmangel der Mutter, kommen.
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Wie schon in dem Artikel NEM in der Schwangerschaft erwähnt, ist das Selen gerade vor und während der Schwangerschaft besonders wichtig. Ich darf aus dem Artikel nochmal zitieren:
Neben der bekannten positiven Wirkung von Selen für die Schilddrüse, gilt Selen auch als Antidot gegen Quecksilberbelastungen
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. Selen bindet Quecksilber im Körper und hilft damit bei der Ausscheidung von Quecksilber aus dem Körper.
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Eine Analyse zu diesem Thema
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konnte zeigen, dass die Fertilität bei Frauen mit zunehmender Quecksilberbelastung sinkt, während sie mit zunehmendem Selenspiegel im Blut steigt.
Viele Studien zeigen eine Korrelation von Selen-Einnahme und Fertilität (auch beim Mann, da ein Mangel die Spermienqualität beeinträchtigt).
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Selenmangel in der Schwangerschaft wird mit einem niedrigeren Geburtsgewicht, Fehlgeburten und Schäden am neuronalen- und Immunsystem des Föten assoziiert.
Eine Studie konnte zeigen, dass ein Selenspiegel im Blut von < 0,90 µmol/L in der 18. Schwangerschaftswoche eine schlechtere neuronale Entwicklung des Neugeborenen mit 6 Monaten hatte, während ein Selenspiegel der Mutter in der 36. Schwangerschaftswoche von < 0,78 µmol/L ein erhöhtes Risiko einer Infektion des Säuglings in den ersten 6 Lebenswochen zeigte.
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. Heißt, werdende Mütter sollten eine Blutspiegel von Selen von über 0,9 µmol/L anstreben (oder über 71 µg/l = konventionelle Einheit).
Die DGE empfiehlt die Einnahme von 60 µg Selen pro Tag für Schwangere
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. Das amerikanische National Institutes of Health (NIH) gibt ebenfalls 60 µg Selen pro Tag für Schwangere an.
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Die tolerable Höchstdosis für Erwachsene wird mit 400 µg/Tag angegeben, hierbei gibt es aber keine Dosisangabe für Schwangere. Daher sollten Schwangere nicht bis zu dieser oberen Grenzdosis gehen, aber ebenso einen Mangel vermeiden. *
Mit 60 - 150 µg Selen pro Tag ist man im sicheren Bereich. Im Zweifel: Im Blut messen! *(Anmerkung: wie im Absatz darüber bereits beschrieben: der Blutwert sollte mindestens über 0,9 µmol/L** sein)
Nicht nur in Entwicklungsländern, auch mitteleuropäische Länder ist ein niedriger oder unzureichender Selenstatus häufig. (38) Eine Untersuchung in England (UK) zeigte, dass die meisten Frauen nicht die empfohlenen Mengen von Selen einnahmen. Eine Studie aus Polen konnte zeigen, dass die durchschnittliche Einnahme von Selen bei 20 µg pro Tag war
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, also weit unterhalb der empfohlenen Menge von 60 µg pro Tag. 
In viele Studien wurde die positive Wirkung von Selen auf die Schilddrüse, gerade bei Hashimoto gezeigt. Selen verbessert die Schilddrüsenfunktion bei Autoimmunthyreoiditis und senkt die TPO-AK bei Hashimoto.
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Selengabe konnte in dieser Studie die Symptome Müdigkeit, Übelkeit, Leistungsabfall sowie die Leber- und Nierenfunktion bei Kindern und Jugendlichen mit Krebserkrankung unter Chemotherapie verbessern.
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Auch wenn Selen lebensnotwendig ist, auch wenn für Selen viele positive Effekte beschrieben wurden, gibt es wie immer auch Diskussionsbedarf beim Selen. Die berühmte SELECT Studie haben wir schon mal besprochen. Selen konnte hier keinen Schutz vor Krebserkrankungen bieten. In dieser großen Studie wurde 200 µg Selenomethionin gegeben
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. Ein großer Fehler in der Studie, dass Selenomethionin verwendet wurde. Dazu gleich mehr. Des Weiteren wurde in mehreren Studien unter hohen Dosen von Selengabe (200 µg täglich) ein erhöhtes Diabetes mellitus Typ II Risiko gefunden.
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Andere Studien dagegen fanden kein signifikant erhöhtes Risiko von Diabetes durch die Gabe von Selen
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. In diesen Studien wurde nicht berücksichtigt, welches Selen substituiert wurde. Auch ein Hauptfehler all dieser Studien: es wurden keine Blutwerte gemessen. Gebe ich einem Menschen mit erhöhtem Blutwerten noch zusätzlich was oben drauf, dann wird´s davon logischerweise nicht besser.
Selen gibt es in verschiedenen Formen:
Organisch: Selenomethionin, Selenocystein
Anorganisch: Natriumselenit, Natriumselenat
Organisches und anorganisches Selen scheinen unterschiedliche Wirkungen zu haben. Mit zum Teil gegensätzlichen Effekten. Was die Krebsprävention und Krebstherapie mit Selen angeht, scheint es noch viel Forschungsbedarf zu geben
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.  Jedoch existiert zumindest die Hypothese, dass Natriumselenit, das anorganische Selen eher prooxidativ in Krebszellen wirke und dies daher eine in Zukunft denkbare Substanz in der Krebstherapie werden könnte.
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Ein bekannter Unterschied ist wie immer: die Bioverfügbarkeit vom organischen Selen ist deutlich höher als die vom anorganischen.
Allgemein wird für die Langzeiteinnahme das organische Selen empfohlen, für kurzfristige Effekte wie bei akuten Infekten zur Stimulierung des Immunsystems (Stimulierung der NK-Zellen) eher das anorganische Selen.
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Zur Verbesserung des Hashimoto scheint daher für die Langzeitbehandlung eher das organische Selen (Selenomethionin) geeignet zu sein (20). Was Krebs angeht, wie unten beschrieben, eher das Natriumselenit.
Nicht zu empfehlen ist Selenhefe: die enthaltenen Mengen sind sehr unterschiedlich und die Dosierung sehr ungenau.
Der Gesamtgehalt an Selen im Menschlichen Körper beträgt ca. 5 - 15 mg
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Die Selenkonzentration im Blut die für eine maximale Selenoprotein-P-Aktivität benötigt wird, beträgt nach Thomsen (2004, (11)) 80 - 95 µg/L.
Viele Studien haben positive Wirkungen von Selen aufzeigen können, wie Krebsreduktion, verbessertes Immunsystem, antivirale Effekte, vermindertes Risiko von Autoimmunerkrankungen und erhöhte Fertilität. Andere Studien wiederum konnten keine Effekte, oder gar negative Effekte aufzeigen. Wie immer der große Fehler in solchen Studien: es wurde nicht der Blutwert gemessen. Bei Menschen mit schon erhöhten Werten kann man logischerweise keine großen Effekte erwarten oder gar negative bei Überdosierung. Bei Menschen mit Mangel im Blut dagegen, kann man regelmäßig die o. g. positiven Effekte erwarten.
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Das erhöhte Diabetes Risiko zeigte sich in den Studien insgesamt ab Dosierungen von 250 - 300 µg Selen pro Tag.
Selen ist wichtig und sehr wirksam. Wie bei allen wirksamen Dingen kann, gerade beim Selen, zu viel auch schaden. Aber zu wenig ist definitiv in vieler Hinsicht extrem nachteilig für die Gesundheit. Zu wenig ist schlecht, zu viel kann auch schlecht sein. Wir nennen das in der Medizin einen geringen Toleranzbereich. Deswegen ist gerade beim Selen die RICHTIGE Dosis entscheidend. Wie wir oben gelesen haben, kann es häufig vorkommen, dass man mit der Nahrung nur 20 µg täglich aufnimmt. In den Studien mit nachteiligen Ergebnissen wurden über 200 µg pro Tag gegeben. Die goldene Mitte scheint mal wieder, wie immer, das Optimum. Und dies scheint beim Selen zwischen 50 und 100 µg zu liegen. Bei erhöhtem Bedarf (Schwangerschaft) oder Mangel im Blut nachgewiesen sind auch durchaus 150 - 200 µg pro Tag sinnvoll. Unter 50 µg und über 300 µg sollte man aber lieber nicht gehen.  
Nahrungsmittel mit Selen
pro 100 g
Kokosnüsse
810 µg
Paranüsse
100 µg
Thunfisch
82 µg
Garnelen
63 µg
Schweineleber
58 µg
Rindfleisch
35 µg
Ei
20 µg
Rosenkohl
18 µg
weiße Bohnen
14 µg
Emmentaler
11 µg
Zusammenfassung:
  • Selen ist essentiell: muss man also dem Körper zuführen. Täglich.
  • In unserer normalen Nahrung ist häufig zu wenig Selen, daher oft Mängel im Blut
  • Selenmangel ist assoziiert mit Schilddrüsenerkrankungen (1), Krebserkrankungen (2), schlechtere Hirnentwicklung und erhöhte Infektionsrate beim Neugeborenen (3), Herzerkrankungen (KeshanKrankheit)
  • Eine Risikoreduktion der kardiovaskulären Sterblichkeit durch die Substitution von Selen konnte in dieser Studie (4) gezeigt werden
  • Die Zukunft wird zeigen, ob das Selen (in Form von Natriumselenit) eventuell doch noch die doch so oft gewünschte Antikrebswirkung bringt (17,18). Eine klinische Studie an Krebspatienten mit positivem Ergebnis wurde bereits am Karolinska Institut in Stockholm durchgeführt (19).
Empfehlung:
Blutwert von Selen messen. Der Wert sollte über 90 µg/l sein. Wenn der Wert niedriger ist, sollte man ihn anheben durch Einnahme von Selen. Aber nicht überdosieren. Den oberen Laborwert nicht überschreiten. Tja, so einfach kann man seine Gesundheit verbessern. Und das geht auch mit den anderen 49 essentiellen Mikronährstoffen.
Leider wird in der Laienpresse immer nur kurz die ein oder andere Studie erwähnt und dann heißt es: „Selen schlecht“ oder „Selen gut“. Was da immer fehlt ist die differenzierte Angabe über Dosis, Art des Selens und den Blutspiegel.
Daher nochmal ganz differenziert so wie ich es handhabe:
Übersicht
Blutspiegel:
90 - 140 µg/L
Dosis:
100 - 200 µg Selen pro Tag
Art des Selen: Natriumselenit (mein Favorit), für die Schilddrüse auch zusätzlich Selenomethionin (dann 50/50 von jedem).