Synthetische vs. natürliche Vitamine

Häufig wird behauptet, synthetische Vitamine, also Nahrungsergänzungsmittel, z.B. als Kapseln oder Pulver würden schlechter aufgenommen und im Darm resorbiert als natürliche Vitamine aus der Nahrung. Was sagt die Wissenschaft zu diesen Behauptungen?
Autor: Dr. Volker Zitzmann
Lesezeit: 6 Minuten
Häufig wird behauptet, synthetische Vitamine, also NEM´s, z. B. als Kapseln oder Pulver würden ja schlechter aufgenommen und im Darm resorbiert als natürliche Vitamine aus der Nahrung. Manche gehen sogar soweit und behaupten, NEM bringen gar nichts, sie würden ja überhaupt nicht aufgenommen. Eine Behauptung. Wird oft einfach mal so „dahin“ gesagt. Vollkommen wissenschaftsfrei und ohne Belege. Aber wie sieht´s denn tatsächlich aus? Wir befragen wie immer die Wissenschaft und wollen genaues wissen. Wissen, nicht raten, kein Bauchgefühl, keine Meinungen, sondern klare, eindeutige wissenschaftliche Fakten aus Studien und Experimenten. Dazu gleich mehr.
Wir sagen ja schon lange, ein Molekül bleibt ein Molekül in seiner chemischen Form, egal ob vom Rind, von der Zitrone oder aus der Kapsel. Das bestimmte Molekül sieht chemisch immer gleich aus. Der Körper kann nicht unterscheiden, ob das Tyrosin aus der Milch, aus Fleisch oder aus der Kapsel kommt. Das Tyrosin bleibt Tyrosin. Woher also diese Behauptung, dieses Bauchgefühl vieler Journalisten und Laien-Medien-Experten, die oft genug behaupten, dass Vitamine aus der Nahrung besser aufgenommen werden, als die Tablette oder Kapsel? Oder gar einfach behaupten, NEM aus der Tablette würden gar nicht aufgenommen?
Wenn man die Wahl hat 80 mg Vitamin C mitsamt der Orange zu sich zu nehmen, oder 80mg Vitamin C als Pulver pur zu nehmen, hat es logischerweise Vorteile, die Orange zu verzehren. Da sind auch noch andere gute Dinge enthalten: Bioflavonoide, Kalium, Ballaststoffe etc. Logisch. Jedem klar. Aber was, wenn man 800mg Vitamin C möchte. Ok, man kann 10 Orangen essen. Wird aber schwierig. Danach sollte man aber richtig Sport machen, um die ganze Fruktose sofort zu verbrennen. Bitte keine 10 Orangen ausdrücken, trinken und dann aufs Sofa. Die Fruktose würde dann „optimal“ in Leberfett umgewandelt (Fettleber und Diabetes lassen grüßen, siehe: „Menschenstopfleber“, Nicolai Worm). Fruchtsäfte sind daher nicht zu empfehlen. Daher, wenn dann die GANZE Frucht verzehren.
Es gibt genug Gründe, warum man es oft nicht schafft, ausreichend Mikronährstoffe durch die Nahrung aufzunehmen: Zeit/Ernährungsgewohnheiten, Körpergewicht, Bewegungsmangel, Krankheit/Stress mit erhöhtem Bedarf und: Nahrungsmittel haben überhaupt nicht mehr die Nährstoffe, die sie ursprünglich mal hatten, z. T. 38 % weniger als noch vor 70 Jahren (5), etc.
Also, jetzt zur oben gestellten Frage: wie unterscheidet sich im Körper die Aufnahme von 200mg Vitamin C aus der Kiwi und aus der Kapsel?
Dazu gibt es auch Studien: Carr et al. haben 2013 ein Experiment durchgeführt. Sie gaben einer Gruppe von Teilnehmern 200mg Vitamin C als Tablette und einer anderen Gruppe die gleiche Dosis Vitamin C aus der Kiwi. Danach haben sie im Blut das Vitamin C bestimmt. Ergebnis: beide Gruppen hatten den gleichen Anstieg des Vitamin C Spiegels im Blut. Kein Unterschied. (1)
Eine weitere Studie von Johnston et al. von 2003 untersuchte zwei Gruppen: die eine Gruppe bekam täglich 70 mg Vitamin C aus Orangensaft, die andere 70mg Vitamin C als Nahrungsergänzungsmittel (NEM/Supplement). Es wurde dann das antioxidative Potential (lipid peroxidation) und der Plasmaspiegel vom Vitamin C untersucht. Es gab in beiden Gruppen keinen Unterschied in der Blutplasmakonzentration vom Vitamin C und beide Gruppen zeigten gleiche antioxidative Parameter. Also auch hier: kein Unterschied ob Vitamin C aus der Orange oder aus der Kapsel. (2)
Studien konnten also klar belegen, dass die Aufnahme vom Vitamin C im Darm und der folgende Blutspiegel vom Vitamin C gleich ist, egal ob aus der Kiwi, Orange oder aus der Kapsel. Die fälschliche Behauptung, NEM würden nicht aufgenommen ist klar widerlegt.
Das ist das Molekül Vitamin C(Ascorbinsäure):
Das Molekül bleibt das gleiche, ob aus der Zitrone oder aus der Kapsel. Die chemische Struktur und Funktion bleiben gleich. Das Molekül verändert sich nicht. Wenn doch, dann ist es kein Vitamin C. Aber das Molekül ist das, was wir zu uns nehmen und was die Wirkung ausmacht.
Natürlich haben Obst und Gemüse noch viele weitere Inhaltsstoffe die positiv wirken. Daher ist es logischerweise sinnvoll, auch die anderen Mikronährstoffe daraus zu erhalten.
Die erste Wahl wäre es, man hat einen Orangen- und Kiwibaumhain im Garten, zusätzlich einen Gemüsegarten mit Vitamin-C-reichen Gemüsesorten und isst davon frisch gepflückt reife Früchte, jeden Tag! Für die die das nicht haben, Leute wie mich z. B., ist die zweite Wahl daher sinnvoll, das fehlende Vitamin C zusätzlich als NEM einzunehmen. Die wenigsten meiner Patienten haben mehrere Orangenbäume im Garten, auch keine Zitronenbäume (wenn ich mal kurz nachdenke: keiner!) und nehmen auch kein Vitamin C zusätzlich. Warum die Wunden dann immer nicht heilen wollen (4), die Gefäße nicht gesund sind und vieles mehr ist mir schon seit langem klar.
Was Vitamin C auch für den Muskel, das Bindegewebe (Kollagenhydroxylierung) und besonders für die Gefäßgesundheit (7) (insbesondere auch Bluthochdruck(6)) noch leisten kann, dazu demnächst mehr.
Quellen: